Unsere Meinung zum Urheberrecht...
In
den kommenden Jahren haben wir insgesamt ein paar hundert Internetalben
über unsere Webseite, auf Konzerten und über kleine Plattenläden
verkauft. Da wir keinerlei Abgaben an Produzenten, Labels, Vertriebe
etc. leisten mussten, konnten wir somit knapp 10.000 Euro verdienen.
Wie viele Leute sich das Album heruntergeladen und selbst gebastelt
haben wissen wir nicht. Wir wissen aber genau, dass sich die wirklichen
Fans das Album entweder gekauft oder selber gebaut haben während sich
allgemeine Interessenten oder Leute denen nur das ein oder andere Lied
gefällt zunächst einfach einige Mp3's geladen haben. Vergleichbar ist
das für uns mit Radiowerbung: Die Leute hören etwas und wenn es ihnen
wirklich gefällt kaufen sie das dazugehörige Produkt, wenn es ihnen nur
halb gefällt laden sie sich den Song kostenlos aus dem Netz und hören
ihn sich ein paar mal an, vielleicht gehen sie anschließend sogar auf
ein Konzert und kaufen sich dann doch ein Album. Besonders wichtig
waren für uns die Synergieeffekte: Volle Konzerte, wachsender Fankreis
und somit auch CD- und T-Shirt-Verkäufe.
Oft wurde von DIY-Hassern angemerkt, dass (abgesehen davon das es kein richtiges Leben im falschen gäbe) dieses Produktdesign und die Vermarktungsstrategie ja nur etwas für den Untergrund sei, für kleine Stückzahlen und dass man so nie die Masse erreichen könne. Das ist völliger Unsinn. Wir selbst sind alleine in der Lage mehrere tausend Holzcover im Jahr zu bauen und sollte die Nachfrage steigen, könnten wir Auftragsarbeiten vergeben. Ein vereinfachtes Coverdesign würde noch größere Stückzahlen in Eigenproduktion möglich machen. Der Flair eines Handmade-Covers ist immer ein anderer als der einer Industrieproduktion (für die wir nur Verachtung und Mitleid übrig haben). Den Versand und Vertrieb können wir selbst in größeren Mengen alleine bewerkstelligen, ab bestimmten Stückzahlen lohnt es sich dann vielleicht auch weitere Arbeitskräfte einzustellen. Effektive Vertriebswege gibt es auch über kleine gut sortierte (Internet-)Läden mit einer extremen Fanbindung. Die Notwendigkeit einer großen Musikindustrie sehen wir hier an keiner Stelle. Für uns ist klar: Der kostenlose Download unserer Songs hat uns bisher nur Nutzen gebracht. Ohne die Verbreitung unserer Musik über das Internet hätten wir niemals irgendeinen Bekanntheitsgrad erreicht, könnten keine Konzerte in fremden Städten geben und würden keine Tonträger, T-Shirts usw. verkaufen. Filesharing-Gegner argumentieren oft, dass die kostenlose Musikverbreitung etwas für unbekannte Künstler sei um zunächst eine gewisse Bekanntheit zu erzielen, das große Geldverdienen beginne dann im Anschluss über Bezahlangebote. Der Gedanke dahinter ist also: Kostenlose Downloads nur als Werbung für Newcomer und die Stars gibt es dann zum Kaufen. Wie dieses zu bezahlenden Starprodukt konkret aussehen soll zeigen iTunes, Musicload & Co.: Für knapp einen Euro erhält man eine Datei aus Bits und Bytes, die - das richtige Abspielgerät vorausgesetzt - einen Musiktitel von sich gibt. Im Unterschied zu einer Schallplatte oder CD hat diese Datei weder ein Cover zum anfassen, Bilder zum ausklappen und übers Bett hängen, noch eine garantierte Lebensdauer von mehreren Jahren, im Gegenteil: Man stellt sich schon beim Download jedes Mal die Frage ob dieses virtuelle Etwas morgen noch dem Stand der Technik entspricht oder ob ich die Datei nach dem nächsten Geräte-Update überhaupt noch abspielen kann. Und was passiert wenn ich eine Sicherungskopie davon anfertigen möchte, was wenn ich es auf dem Gerät meiner Freundin abspielen will? Fragen über Fragen und außerdem: Warum sollen ausgerechnet die unbekannten Künstler ihre Musik verschenken und die großen Stars dann das Geld verdienen wo doch gerade die Unbekannten mit geringen Einkommen zu kämpfen haben? Das macht für uns alles keinen Sinn. Für BWLer und Juristen (oder einige Mainstream-Künstler wie z.B. die Initiatoren des Aufrufes "Wir sind die Urheber!")
ist Musik in erster Linie ein kommerzielles Produkt aus welchem Gewinne
generiert werden sollen. Die Frage, wie Musikern und anderen Künstlern
eine Existenz oder gar ein gutes Leben gesichert werden könnte wird
dabei immer aus der Perspektive und unter völliger Akzeptanz der herrschenden
(kapitalistischen) Verhältnisse betrachtet. Die Idealvorstellung dabei
ist, dass man sich vom Newcomer zum Star hocharbeitet und dann durch
den Verkauf großer Stückzahlen und dem Abkassieren von Tantiemen
ausgesorgt hat. Der heutige kapitalistische Künstler träumt von einer
kurzen erfolgreichen Arbeits- bzw. Schaffensphase und anschließend will
er die Früchte seines Erfolges möglichst ein Leben lang ernten, genau
wie der Unternehmensgründer mit einer tollen Geschäftsidee.
Verständlich ist das allemal in einer von Konkurrenz getriebenen
Gesellschaft die außerdem keine Alternativen zur Existenzsicherung
bietet - der Idealzustand geschweige denn ein erstrebenswertes Ziel ist
so ein System allerdings nicht. Technokratische Lösungsansätze wie
Urheberrechte, Kulturflatrates usw. manifestieren lediglich den
Ist-Zustand und verschließen damit den Weg in eine andere Gesellschaft.
Die Musikindustrie ist permanent bestrebt diesen Ist-Zustand noch
weiter zu perfektionieren. Dabei entwickeln sie besonders perfide
Strategien wenn z.B. die Existenznöte der eigenen Angestellten
(Künstler) als Begründung zur Notwendigkeit der weiteren Perfektionierung eines
ausbeuterischen Systems angeführt werden und die Musikindustrie quasi
selbst in die Rolle eines Robin Hood schlüpft, welcher von den
Musikpiraten das geraubte Diebesgut zurückfordert um es vermeintlich
gerecht im Künstlervolk zu verteilen. Ginge es tatsächlich um die Frage einer gerechten Verteilung müsste die Debatte auf einer völlig anderen Ebene geführt werden. Wichtig wäre hierbei eine Auseinandersetzung mit den grundsätzlichen Fragen zur Gestaltung unserer Gesellschaft. Es könnten zumindest Rahmenbedingungen geschaffen werden, welche Künstlern und allen anderen Menschen die mit ihrer Arbeit nicht genug Einkommen erzielen, trotzdem ein gutes Leben ermöglichen. Dafür braucht es keine Musikindustrie oder Urheberrechte sondern eine gerechte Verteilung materieller Güter sowie eine garantierte Grundversorgung. Ein erster Schritt zu letzterem könnte beispielsweise über ein bedingungsloses Grundeinkommen erfolgen. Bis es jedoch soweit kommt fahren wir mit unserer DIY-Strategie in jedem Fall besser als wenn wir Teil des kapitalistischen Musikbusiness würden und damit zudem noch viele unserer künstlerischen Freiheiten aufgeben müssten. Das kommende Internetalbum 2.0 wird daher auch wieder als kostenloser Download zur Verfügung stehen... |